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Den Ablass gibt es in der römisch-katholischen Kirche bis heute
Ein falsches Signal

Kann die Kirche für eine Gegenleistung Sünden vergeben? An dieser Frage schieden sich schon im 16. Jahrhundert die Geister. Sie führte letztendlich zur Spaltung der Kirche. Die Ablass-Praxis hatte damals bizarre Formen angenommen. Die Gläubigen mussten Geld für einen Ablass zahlen. Dann wurde ihnen je nach Schwere der Vergehen und je nach Höhe der bezahlten Geldsumme eine festgelegte Zahl von Tagen im Fegefeuer erlassen. Martin Luther sah darin eine krasse Verfälschung der christlichen Lehre.

Den Ablass gibt es in der römisch-katholischen Kirche bis heute. Beim Weltjugendtag sorgte er für öffentliches Aufsehen. Papst Benedikt XVI. hat denjenigen Jugendlichen einen Ablass versprochen — das heißt, ihnen ihre Sünden erlassen —‚ die mit großer Ernsthaftigkeit an einer Veranstaltung und dem Abschlussgottesdienst des Weltjugendtages teilgenommen haben. Die Jugendlichen mussten zudem beichten und beten, bevor sie die Kommunion empfingen. Wir Protestanten lehnen eine solche Lehre ab. Schließlich ist der Ablass nicht biblisch belegt. Und man kann sich damit das Christsein sehr einfach machen. Wer gesündigt hat, konnte sich beim Weltjugendtag von einem Priester seine Sünden vergeben lassen. Das ist für junge Menschen ein falsches Signal — gerade für Jugendliche einer Wohlstandsgesellschaft, in der man alles, was man gerne hätte, kaufen kann.

Ernsthaftes Christsein setzt eine selbstkritische Haltung voraus. Ist mein Handeln richtig oder falsch? Was will Gott von mir? Was heißt es, Christin oder Christ zu sein? Solche Fragen sind beim Weltjugendtag natürlich auch diskutiert worden. Doch der Sonder-Ablass des Papstes verwässert die Antworten auf diese Fragen. Das meint jedenfalls Ihre

Petra Ziegler, aus der Evangelisches Gemeindeblatt für Württemberg, Nr. 5-2005
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